Aus der NGZ vom 12. November 2002
4. Kaarster Trauertagung beschäftigte sich am Wochenende mit Kindern und deren Umgang mit dem Tod
„Eine gespielte Heiterkeit ist der falsche Weg“

Kaarst. Als die Hospizbewegung vor zwei Jahren eine Trauergruppe für Kinder organisierte, war dies landesweit etwas Neues. Am Samstag ging es bei der 4. Kaarster Trauertagung ausschließlich ums Thema „Kindertrauer“. Die 140 Teilnehmer hörten Referate, beteiligten sich an Arbeitsgruppen und sahen ein Pantomimentheater, bei dem die ganze Gefühlswelt von Trauer ausgebreitet wurde.


„Kindertrauer aus systemischer familientherapeutischer Sicht“ lautete der Vortrag von Hakon Oen vom Schönwalder Institut für Familien. Sein Credo: „Du kannst nicht verhindern, dass die Vögel der Trauer über deinem Kopf fliegen, aber du kannst verhindern, dass sie ein Nest in dein Haar bauen.“ Was der Referent unter „systemisch“ versteht: „Die gesamte Familie, nicht nur der Symptomträger wird mit einbezogen. Die Familie soll in die Lage versetzt werden, ihr Problem selbst zu lösen, Personen aufzufangen, indem sie ein Team bildet.“

Gabriele Enders, Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche in Köln, referierte über die „Psychosomatischen Reaktionen in der Kindertrauer“. Später in der Arbeitsgruppe „Wie gehen Kinder ihren eigenen Trauerweg?“ zeigte sie Möglichkeiten auf, wie Jungen und Mädchen lernen können, mit ihrer Trauer umzugehen. Hierzu gehören kreative Wege. Außerdem empfahl die Referentin, Kinder in Rituale wie Beerdigung und Totengebete mit einzubeziehen, wenn sie dies wünschen. Ihnen sollte allerdings nichts aufgezwungen werden – keine Gespräche, aber auch nicht das Anschauen des Verstorbenen. Und: „Die Erwachsenen sollten ihre Trauer und ihre Tränen sehen lassen, keine gespielte Heiterkeit vorleben.“

Ingrid Konzack, Diplom-Pädagogin aus Leichlingen, leitete eine Arbeitsgruppe zum Thema „Trauern lernen in Einrichtungen der Pädagogik“. Es ging hier nicht nur um den Tod, sondern um „kleinere Abschiede“ wie die Trennung der Eltern oder den Wohnortwechsel. Die Tipps der Referentin: „Einfach da sein, sich zur Verfügung stellen, sensibel werden für das Kind und seine Bedürfnisse.“ Außerdem gelte es, Erreichbarkeit und Verlässlichkeit zu signalisieren.

„Tun statt reden“ lautete das Motto von Professor Almut Keusen-Hickl aus Düsseldorf. Die Kunstpädagogin und Künstlerin legte Wert darauf, den Kindern zu geeigneten Ausdrucksmöglichkeiten zu verhelfen: „Dazu muss man zuerst genau hinschauen, genau hinhören, um herauszufinden, an welchen Gewohnheiten, Vorlieben und Fähigkeiten der Kinder man anknüpfen kann und welche Mittel man ihnen unterstützend anbieten kann.“ Thomas Decken vom Haaner Pantomimentheater „mimiko“ setzte die Thematik dann zum Schluss spielerisch um.

Für die Gastgeber Rainer Stroepen und Andrea Lißke von der Kaarster Hospizbewegung waren die Informationen so neu nicht: Die Kaarster waren schließlich vor zwei Jahren weit und breit die ersten, die das heiße Eisen „Kindertrauer“ angepackt hatten.



barni

Mit freundlicher Genehmigung der Neuß-Grevenbroicher Zeitung

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